Spielend ans Ziel: Die Lerneffekte der Angewandten Improvisation

Bei der Angewandten Improvisation und dem darstellenden Spiel im Allgemeinen laufen im Hintergrund viele Prozesse ab, die Lernen begünstigen. Damit liefert es nicht nur einen klaren Mehrwert für den Spaßfaktor in Workshops, sondern erweist sich gleichzeitig als effektive Methode, um die Teilnehmenden dabei zu unterstützen, die Workshopinhalte nachhaltig abzuspeichern. Wir bei Neuroblitz sind genau dafür bekannt: wir leben in unseren Workshops eine enge Verzahnung von Wissenschaft und Angewandter Improvisation. Wenn Menschen diese Kombination das erste Mal hören, horchen sie häufig verwundert auf. Während unsere Methode im deutschsprachigen Raum eher unkonventionell ist, ist es kein Zufall, dass wir mit unseren Workshops so erfolgreich sind und Teilnehmende von tollen Ergebnissen und gleichzeitig viel Spaß berichten. In diesem Artikel beleuchte ich etwas näher, wie die guten Ergebnisse durch das Zusammenspiel von Wissen & Spiel zustande kommen.

Angewandte Improvisation - was ist das?

Was es genau mit Angewandter Improvisation auf sich hat kannst du hier lesen. Als Methode nutzen wir bei Angewandter Improvisation, kurz AI, Grundprinzipien des Improvisationstheaters (u.a. “Fehler sind Geschenke”, “Arbeite mit dem, was da ist”, “Ja, und…”). Anders als beim Impro Theater liegt in der AI der Fokus nicht auf Entertainment, sondern auf der Praktikabilität für den Alltag. Die Spiele, in denen es um das spontane improvisieren miteinander geht, sind insofern als Methoden zu verstehen, da sie stets darauf abzielen, etwas spezifisches bei den Spielenden zu bewirken. In dem Video rechts kannst du dir beispielhaft das Spiel “Eine andere Art” anschauen.

Das darstellende Spiel & das Lernen

Die Helene-Lange-Schule in Hannover integriert seit einigen Jahren darstellendes Spiel fest in ihre Lehrpläne und führt wochenlange Theaterprojekte durch. Das klingt erstmal unspektakulär. Nennenswert ist allerdings, dass sich im Rahmen dieser Umgestaltung des Schulalltags an der Helene-Lange-Schule die Leistung der Schüler*innen auch in anderen Fächern maßgeblich verbesserte. Zunächst hieß es, trotz der vielen Zeit, die die Schüler*innen mit darstellendem Spiel verbrachten, konnten sie ihre Leistungen verbessern - bald hieß es nicht mehr trotz, sondern weil (Kahl, 2008). Und tatsächlich ist das kein Zufall. So konnte Sindelar (2008) nachweisen, dass die Teilnahme an darstellendem Spiel signifikante Verbesserungen bezüglich der informationsverarbeitenden Funktionen (bspw. visuelle und auditive Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Gedächtnisleistung) und der Persönlichkeitsfaktoren (bspw. Kontaktfähigkeit, Selbstwertgefühl, emotionale Stabilität, Einstellung zu Leistungssituationen und Empathie). Darüber hinaus stärkt die Teilnahme an darstellendem Spiel Schlüsselkompetenzen wie Stressresistenz, Teamfähigkeit, die Verbesserung der Sprachkompetenz und Kommunikationsfähigkeit sowie die kreative und soziale Entwicklung (Sindelar, 2008). Es wird also deutlich, wie vielfältig die positiven Auswirkungen sind, wenn wir spielerische Elemente verwenden, um das Lernen anderer Inhalte zu begleiten und zu unterstützen.

Wie weshalb und warum funktioniert das?

Quelle: William Moreland auf www.unsplash.com

Quelle: William Moreland auf www.unsplash.com

Wenn wir spielen können wir in einen Zustand aus voller Konzentration und gleichzeitiger Entspannung kommen. Dieser optimale Zustand wird auch Flow genannt (Csikszentmihalyi, 2008). Spielerische Entspannung hilf unserem Gehirn, in einen Verarbeitungsmodus überzugehen, in dem bewusst gespeicherte Inhalte sortiert und langfristig nutzbar gemacht werden können. Dabei finden kreative und assoziative Vernetzungsprozesse statt. So können wir gelerntes verknüpfen und verankern (Gans et al., 2020). Setzen wir unseren Körper in Bewegung, beginnt unser Organismus, Dopamin auszuschütten - wir fühlen uns gut. Gleichzeitig wird der Hippocampus aktiviert, was bei zur Neuverknüpfung vorhandener und Bildung neuer Nervenzellen beiträgt (Gans et al., 2020). Nicht zuletzt, wirken soziale Kontakte, die bei der Angewandten Improvisation im Kern stehen, als vermutlich bedeutsamster Verstärker für Lernen (Spitzer 2005) und als Erfolgsfaktor für Veränderungsprozesse aller Art (Hütter und Lang, 2017). Durch die körperliche Erfahrung, die so durch das gemeinsame Spiel gemacht wird, findet eine sogenannte “Multicodierung” statt, das heißt die Informationen werden mit den Informationen verschiedene Sinneskanäle vielseitig und intensiv abgespeichert und sind somit besser und länger erinnerbar.

Es wird also deutlich, dass bei der Angewandten Improvisation und dem darstellenden Spiel im Allgemeinen im Hintergrund viele Prozesse ablaufen, die Lernen begünstigen. Wichtig ist abschließend zu bemerken, dass wir die Erfahrung gemacht haben, dass besonders kritische Geister aufgrund der geringen Bekanntheit der Methode in Deutschland die Wirksamkeit der Angewandten Improvisation gerne anzweifeln. Für sie und auch die anderen, weniger kritischen Teilnehmenden ist es hilfreich, wenn wir nach dem Spiel in einen sogenannten Debrief gehen und aus einer beobachtenden Perspektive reflektieren, was im Verlauf des Spiels passiert und entstanden ist und welchen Einfluss es auf den Zustand der Spielenden hatte.

Diese Beobachtungen gilt es dann gekonnt in den themenspezifischen Kontext des jeweiligen Workshops zu rücken und so eine runde Erfahrung zu schaffen und den Teilnehmenden die Verzahnung von Wissenschaft und Angewandter Improvisation erlebbar zu machen.

Du bist neugierig geworden, wie wir das in die Praxis bringen? Dann schau einmal in unsere Angebote. Wir freuen uns, dich hoffentlich bald in einem unserer Kurse begrüßen zu dürfen!



Quellen:

Csikszentmihalyi, M. (2008). Flow: The psychology of optimal experience. New York: Harper & Row.

Gans, C., Dienemann, K., Hume, A., & Lorino, A. (2020). Arbeitsraum Natur: Handbuch für Coaches, Therapeuten, Trainer und Organisationen. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Lang S. (2017). Neurodidaktik für Trainer. Bonn: managerSeminare.

Kahl, R. (2008). Der Traum einer Lehrerin. Mit fast 70 möchte die Reformpädagogin Enja Riegel noch einmal eine neue Form von Schule schaffen. Spiegel. http://www.zeit.de/2008/01/CRiegel-Aufmacher.

Sindelar, B. (2008). Die ganze Schule ist eine Bühne. Kindertheater als Bildungsinstrument. Pädiatrie & Pädologie, 43(6), 15–21.

Spitzer M. (2006). Lernen!– Gehirnforschung und die Schule des Lebens. Heidelberg: Spektrum.



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