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Buchvorstellung: “The Path” von Prof. Michael Puett und Christine Gross-Loh

Der missverstandene Konfuzius

Konfuzius ist für seine Sprüche bekannt. In der westlichen Welt ist „Konfuzius sagt…“ zu einem Symbol für Weisheit und manchmal auch Satire aufgestiegen. Sprüche von Konfuzius sind zum Teil sogar zu allgemeinen Weisheiten aufgestiegen. Man hat sie irgendwo schon einmal gehört, oder sie machen zumindest auf Anhieb Sinn. Einige seiner Aussagen sind diese: „Löse das Problem, nicht die Schuldfrage. Wenn das was du sagen möchtest, nicht schöner ist als die Stille, dann schweige. Der Dumme lernt aus seinen Fehlern, der Kluge aus den Fehlern der anderen.“

Ein Professor für die Massen

Bisher hatte ich nie einen Lehrer gefunden, der mir die alten chinesischen Philosophen näher gebracht hat. Das hat sich mit dem Kauf eines Buches geändert. Das Buch heißt „The Path“ und darin findet man die Worte von Professor Michael Puett. Es ist bemerkenswert, dass dieser Professor an der Harvard University lehrt. Noch bemerkenswerter ist es, dass sein Kurs in Chinesischer Philosophie von Studenten zu einem der drei populärsten Kurse Harvards gewählt worden ist.

Das Buch habe ich in wenigen Stunden verschlungen und jede Seite davon ließ mich etwas mehr von der östlichen Philosophie verstehen. Es beginnt mit Konfuzius, der Rituale verehrt hat und in Ihnen einen Weg zu einem guten Leben sah. Konfuzius lebte 551 – 479 vor Christus und seine Lebensweise wird in den Analekten sehr deutlich beschrieben. Es geht darin gar nicht unbedingt nur darum, was Konfuzius sagte, sondern vielmehr darum, was Konfuzius machte.

Konfuzius kennen lernen

Der große Philosoph Konfuzius glaubte, dass wir nur zu besseren Menschen werden, wenn wir im Kleinen beginnen. Die Frage, der er sich sehr stark widmete war: „Wie lebst du täglich dein Leben?“ In Ritualen sah Konfuzius die Möglichkeit eine Scheinwelt, eine Als-Ob-Welt aufzubauen. In diesen Welten können verschiedene Perspektiven eingenommen werden. Wer von Ihnen schon einmal mit einem Kind verstecken gespielt hat, kennt diese Welt bestens.

Wir wissen bei diesem Spiel genau, wo das Kind ist, doch wir sagen dennoch: „Ja wo ist sie denn? Ja wo isser denn?“ Auch das Kind weiß in vielen Fällen, dass es gesehen wird, doch freut sich ein Loch in den Bauch. Auch wir freuen uns. Wir begeben uns auf eine Spielebene mit dem Kind und aus dieser Ebene heraus werden wir wieder ein Stück kindlicher. Auch die Kontrolle und Kultivierung von Emotionen können nach Konfuzius über Rituale stattfinden.

Wahrscheinlich brachte der Fokus auf Rituale und die kleinen Dinge des Lebens, wie das Machen eines Bettes, Konfuzius den Ruf eines starren Traditionalisten ein. Professor Michael Puett berichtet das direkte Gegenteil über Konfuzius. Der Philosoph sagt nicht, dass die Rituale starr sind. Zusätzlich können immer neue Rituale entdeckt und alte verändert werden. Für Konfuzius war es wichtig, dass jeder Mensch sein Einfühlungsvermögen schult und lernt Situationen mit Sensibilität zu meistern.

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Rituale erschaffen

Nehmen wir an, dass ein Mann nach Hause kommt und dort auf seine besorgt aussehende Frau trifft. Es könnte sein, dass er sich neben sie setzt und sie bittet ihm zu erzählen, was sie bedrückt. Das ist die Reaktion, die der Mann üblicherweise hat, wenn er einen besorgten Menschen sieht - ein „Ich gebe ihr Raum, damit sie sich ausdrücken kann-Ritual“. Nach Konfuzius ist es wichtiger zu schauen, welche Art von Aufmerksamkeit die Frau gerade benötigt. Vielleicht ist es in dieser Situation besser, sie einfach in Stille zu umarmen, oder sie gar ganz in Ruhe zu lassen. Wenn das wahr ist, dann entsteht zwischen Frau und Mann ein neues Ritual, mit einer besseren Beziehung zwischen den beiden.

Leben, jetzt!

Da Konfuzius fixiert auf die Ausübung von Güte war, fragten ihn seine Schüler eines Tages: „Meister, warum diese ganze Anstrengung? Was soll die Suche nach der besten Zwischenmenschlichen Lösung und die Kultivierung unserer Gefühle? Gibt es dafür vielleicht eine Belohnung nach dem Tod?“ Konfuzius antwortete: „Ihr versteht das Leben noch nicht – wie könnt ihr da schon über den Tod nachdenken?“ Es ist nicht klar, ob Konfuzius an das Leben nach dem Tod glaubte, doch er war sich sicher, dass tiefes Glück darin liegt sich auf den Moment zu konzentrieren. In jedem Moment können wir danach streben das Beste in den Menschen um uns herum hervor zu kehren.

Mich macht diese Interpretation von Konfuzius glücklich. Statt einen starren, alten und weisen Mann zu sehen, habe ich nun einen lächelnden, flexiblen und verspielten Mann vor Augen. Nach dem Buch hatte ich Lust mit Konfuzius improvisiertes Theater zu spielen. Ganz wie in einer Als-Ob-Welt.

Ich wünsche Ihnen eine konfuzianische Woche,

Ihr Dr. Ben Hartwig