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Interview: 11 Fragen an Lisa Feller

Ich hatte Anfang Februar das Glück, Lisa Feller Backstage zu treffen, um ihr Fragen über ihre vielen Rollen im Showbusiness zu stellen. Lisa gibt Einblicke über die Unterschiede zwischen Frauen und Männern im Geschäft, erzählt von ihrem neuen Programm und hat ein ansteckendes Lachen. Viel Spaß bei dem Interview mit der sympathischen Münsteranerin.

Du machst sehr viele Dinge, wie Stand-up-Comedy, Improvisationstheater, Moderatorin und du bist Mutter. Hast du einen Butler?

(lacht) Man ist ja sowieso ständig in so vielen Rollen; ob man sich beim Kiosk ein Snickers kaufen geht, oder gerade seinem Chef begegnet. Das passt ja auch alles in ein Leben. Es kommt mir gar nicht so vor, als wären es so viele Dinge. Ich muss schon sehr alt sein, dass sich das alles so entwickeln konnte (lacht).

Für mich ist das immer eine Frage der Organisation und der Entscheidungen, die man trifft. Alle Dinge, die ich mache, haben auch miteinander zu tun. Ich rede auf der Bühne über meine Kinder. Ich habe jahrelang Improvisationstheater gemacht und nehme die Haltung davon mit zum Stand-up. Als ich damit angefangen habe, war es auch wahnsinnig unlustig, doch ich habe trotzdem weiter gemacht. Als das erste Kind kam, konnte ich dann anfangen darüber zu reden. Trotz des Erfolges im Standup-Bereich habe ich das Improtheater nicht aufgeben wollen, da das auch meine Heimat ist.

Heimat ist ja auch Münster. Dort hast du studiert und später beim Uniradio, Radio Q, moderiert. Hast du noch Verbindungen dort hin oder nach Münster?

Ich bin im Förderverein und unterstütze Radio Q dadurch. Ansonsten gibt es leider kaum noch Verbindungen zu damals. Aufgewachsen bin ich allerdings in Düsseldorf und bin erst zum Studium nach Münster gezogen. Das war super! Nach dem Studium lebte ich erst einmal auf Mallorca und habe dort beim Inselradio moderiert. Danach war ich ein Jahr lang auf der AIDA und habe Comedy gemacht. Als ich dann wieder kam, habe ich gedacht, dass ich nach Köln muss, um die Comedy voran zu treiben. Doch durch die Liebe und das erste Kind, habe ich dann plötzliche Mutterangst vor der Großstadt entwickelt. Jetzt bin ich so verwurzelt in Münster. Jetzt gehe ich da auch nicht mehr weg.

Du moderierst jetzt ja schon seit 3 ½ Jahren den NDR Comedy Contest. Gab es dort Erlebnisse, die heraus stechen?

Zunächst einmal war ich dort als Gast, als Star-Gast (macht Gänsefüßchen in der Luft). Als der Anruf kam, war ich auf der Rückfahrt von Erfurt. Das weiß ich noch genau. Dort habe ich immer Schloss Einstein gedreht. Abends um halb acht rief mich ein unbekannter Teilnehmer an. Dran war der Redakteur, der gefragt hatte, ob ich die Sendung moderieren möchte. Ich sagte: „Da muss ich kurz drüber nachdenken, (grinst breit und freut sich riesig aber still, bevor sie die Arme in die Luft reißt), joa, lass ich erstmal sacken, aber ich glaub‘ schon.“

Mein erster Tag war sehr aufregend, weil ich noch nicht so viel Erfahrung als Moderatorin hatte. Mir wurde Florian Schröder als etwas komplizierter Stargast angekündigt. Doch er entpuppte sich als zauberhaft und hat mich ganz toll durch die Sendung getragen. Dann gab es einen Moment, als mir ein hochkarätiger Comedian zur Seite gestellt wurde. Ich war baff, da er wahnsinnig unspontan war. Obwohl er der große Name war, hatte ich das Gefühl, dass ich die Sendung trage, was mich aber wieder ein Stück weiter gebracht hat.

Es gab auch einen schlimmen Tiefpunkt. Einmal war ein Comedian auf der Bühne sehr unlustig. Die Witze waren alle unter der Gürtellinie und das Publikum hat sich gefragt, was der da macht. Der Stargast an meiner Seite und ich haben Blicke ausgetauscht, da wir beide nicht wussten, was wir danach sagen sollten. Im anschließenden Interview hat der Comedian sich dann für Tabubrüche auf der Comedybühne ausgesprochen.  Als ich ihn jedoch später wieder traf, hat er uns gebeten, den Auftritt aus der Mediathek löschen zu lassen.

Was würdest du einer jungen Comedienne raten, die im Haifischbecken Stand-up-Comedy schwimmen will?

Das gleiche, was ich mir auch rate. Ich finde, dass Frauen sich darauf verlassen können, einen guten Blick auf die Welt zu haben. Männer sind da, meiner Meinung nach, mehr auf sich fokussiert, was ihnen auf der Bühne manchmal eine große Hilfe ist. Einige Kollegen treten mit einem guten Witz auf, dem Publikum gefiel der Auftritt so lala und die kommen runter und sagen: „Alter, war das geil! Alter, hab ich die lang gemacht heute!“ Und eine Frau hat die Hütte abgerissen und meint: „Ja, an der einen Stelle, da hakte es noch. Da muss ich nochmal ran.“ Von dieser Selbstverständlichkeit der Männer, können sich einige Frauen eine Scheibe abschneiden. Es ist wirklich gemein. Unsichere Männer findet man niedlich, bei unsicheren Frauen hat man Mitleid. Also rate ich den Nachwuchskünstlerinnen praktisch einfach zu spielen, spielen, spielen und jede Katzenkirmes mitzunehmen, um durch die Erlebnisse eine Selbstverständlichkeit für ihr Material zu entwickeln.


„Der Nächste, bitte!“ Heißt dein neues Programm und zunächst einmal finde ich, dass das Cover sehr schön geworden ist. Ich habe es gesehen und dachte zuerst an eine Parship-Werbung und war überzeugt, dass das Programm „Alle 11 Minuten!“ Heißen würde.

Ja, alle 11 Minuten eine Pointe. Das ist die schlechte Nachricht (lacht).

Dann doch lieber „Der Nächste, bitte!“ Du hast das Programm jetzt sechs Mal als Vorpremiere ausprobiert. Wie ist diese Zeit für dich?

Ich habe im Dezember die Dernière von „Guter Sex ist teuer“ gespielt und das war sehr emotional. Dank einer tollen Aktion meiner Agentur stand ich dann heulend auf der Bühne in Osnabrück. Kurz darauf war es plötzlich Januar und ich fand mich Backstage mit dem neuen Programm in einer anderen Stadt wieder. Da spürte ich eine Mischung aus Vermissen und Abschiedsschmerz dem alten Programm gegenüber. Das Neue ist noch nicht greifbar. Die Texte leben noch nicht und es ist immer Arbeit meine Erlebnisse dann so zu formen und zu präsentieren, dass es die Leute unterhält. Ich weiß, dass es rund sein wird, aber noch fühlt es sich nicht so an. Im Moment ist es noch so, als sei ich aus meiner alten Wohnung ausgezogen und in die neue eingezogen, doch noch sind keine Möbel darin.

Du malst viele Bilder, wenn du sprichst. Welche Bedeutung hat Sprache für dich?

Ich bin sehr in Sprache verliebt. Beim Stand-up ist es die große Kunst eine Sprache zu finden, die die Leute erreicht und die so besonders ist, dass sie sich eine Show angucken. Es gibt auch Bühnenkünstler, wie Jochen Malmsheimer, der so mit der Sprache spielt, dass die Leute dafür dahin gehen. Das ist bei mir etwas anders. Ich mache gerne gute Vergleiche, die auch etwas im Kopf der Zuschauer auslösen. Nach den Shows bekomme ich Feedback, dass die Menschen meine Programme authentisch finden und denken, dass es exakt eins zu eins so passiert ist. Natürlich erzähle ich viel aus meinem Leben, doch muss es dann bühnenfertig polieren. Für mich war eines der größten Komplimente, als eine Dame fragte, ob ich vorher wisse, was ich erzählen werde?

Wie schaffst du dir bei deinem vollen Terminkalender Freiräume für die Familie?

Erst einmal hat meine Agentur die Ansage, nicht alles voll zu buchen. Wenn ich dann einmal keinen Auftritt habe, bin ich auch den ganzen Tag da und genieße die Qualitätszeit mit meinen beiden Kindern. Wir spielen dann abends gerne Geduldsspiele. Auf Tour vermisse ich sie manchmal, doch das macht die Zeit, die wir zusammen haben wertvoller. Wir sind sehr eng miteinander.

Bei deinen Auftritten gefällt mir dein gutes Zeitgefühl für die Pointen. Trainierst du Timing auf der Bühne?

Ich glaube, dass das echt Bauchgefühl ist. Natürlich hat das auch wieder viel mit dem eigenen Selbstvertrauen zu tun. Wenn du zum Beispiel Pausen aushalten willst. Das fällt einem natürlich leichter, bei einem Text, den man kennt und dem man traut. Wenn ich den Text manchmal neu teste, dann lache ich sehr viel weg. Die Coolness kommt mit der Erfahrung.

Wer sind deine Vorbilder?

Als Kind kannte ich alles von Hape Kerkeling auswendig. Ich mag bei ihm sehr gerne, dass er so menschlich und liebevoll mit den Leuten umgeht. Das habe ich mir zu Herzen genommen, als ich noch Walkacts gemacht habe. Es ist mir dann wichtig mein Gegenüber groß zu machen.  Heute habe ich kein explizites Vorbild. Doch ich liebe es zuzuschauen, wenn Kollegen ihre Arbeit gerne tun und an etwas dran bleiben.

Passiert es dir, dass dein Programm durch Zwischenrufe gestört wird?

Das kommt schon einmal vor. Wenn jemand betrunken ist, dann ziehe ich einfach mein Programm durch. Manchmal will ein Zuschauer auch mitmachen und dann setzte ich klare Grenzen, wenn es genug ist. Es passiert aber auch, dass jemand etwas sehr witziges ruft und dass ist dann toll. Das baue ich gerne spontan in das Programm ein.

Was ist dein Ziel?

Ich will wahnsinnig gerne mein Herzstück Standup Comedy weiter machen. Dafür möchte ich in entspannten Sälen vor meinem tollen Publikum spielen. Nebenbei möchte ich meine kleine Familie auf Kurs halten.

Vielen Dank für deine Zeit und dieses Interview Lisa Feller.


Ich wünsche Ihnen eine fröhliche Woche,

Dr. Ben Hartwig